Vom Pferdestall zum Hinterglasmuseum - Eine museale Erfolgsgeschichte
von Thomas Jerger
Im Jahr 1986 beschloss der "Gemeinnützige Verein zur Förderung der Region Sandl - Unteres Mühlviertel", einen Schauraum für die berühmten Hinterglasbilder aus Sandl zu errichten. Ausgangspunkt dieses Ansinnens war die Tatsache, dass die Sandler Bevölkerung jahrelang Besucher ihres Ortes, die den Wunsch äußerten, Hinterglasmalereien zu besichtigen, nach Freistadt oder Linz schicken mussten, da man selbst keine Exponate präsentieren konnte.
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Hinterglasmuseum in Sandl |
Zwei Jahre später gelang es schließlich, die ehemalige Postgarage in Sandl, die ursprünglich ein Pferdestall war, zu pachten. Mit viel Eifer und Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter und unter fachkundiger Anleitung von Architekt Günter Kleinhanns, der den Umbau und die Museumseinrichtung entwarf, schritt die Arbeit zur Errichtung eines Hinterglasmuseums für Sandl zügig voran. Bereits ein Jahr später, am 21. Mai 1989, konnte das Hinterglasmuseum eröffnet werden und erfreute sich rasch großer Beliebtheit.
Von 1996 bis 1999 wurde als zusätzliches touristisches und wirtschaftliches Impulsprojekt im Rahmen eines EU-Förderprojekts die "Oberösterreichisch-Böhmische Begegnungsstätte" in Sandl realisiert, die direkt an das Hinterglasmuseum angeschlossen ist und sich zum Ziel gesetzt hat, grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Mittelpunkt der Tätigkeit zu stellen.
Schon sehr bald profitierte dadurch auch das Museum von dieser Begegnungsstätte. So konnten im Verlauf der Geschichte des Hinterglasmuseums immer wieder große Ausstellungen mit Kooperationspartnern in Tschechien durchgeführt werden. Allen voran konnte das Prager Nationalmuseum als wichtiger Partner gewonnen werden. Grenzüberschreitende "Hinterglassymposien" werden als wichtige wissenschaftliche Impulse für die Forschung schon seit 1990 veranstaltet. Im Bereich der Erfassung von Hinterglasbildern, nicht nur aus Sandl, sondern auch aus dem bayerischen und böhmischen Raum, wurde im Zuge eines Wissenschaftsprojekts eine Datenbank angelegt, die die reichen Bestände der Hinterglasmalerei dokumentiert. 1991 erhielt das Hinterglasmuseum den Anerkennungspreis des "Österreichischen Museumspreises".
Hinterglasbild: Christus am Kreuz
Foto: Hinterglasmuseum Sandl |
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Schwerpunkte in der musealen Vermittlungsarbeit werden vor allem im Kreativbereich gesetzt. Seminare zu verschiedenen Kunsthandwerkstechniken, Vorträge, Kurse und Sonderausstellungen ergänzen den besonders qualitätsvollen musealen Schaubetrieb.
Das Hinterglasmuseum informiert über die Tradition und Technik der Hinterglasmalerei in Sandl, die bis in das Jahr 1800 zurück reicht. Zeugnisse dieser Maltechnik sind aber auch aus der Antike bekannt.
Als Zuwanderer aus dem benachbarten Buchers in Südböhmen diese Technik nach Sandl brachten, entwickelten sich die "Sandlbilder" im 19. Jahrhundert zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und machten den kleinen Ort zu einem in der ganzen Donaumonarchie bekannten Zentrum der Hinterglasmalerei. Voraussetzung dafür war auch das Existieren verschiedener Glashütten in der näheren Umgebung. Von dort wurden die Techniken der Bemalung, des Schliffs und der Verspiegelung mitgebracht und das Tafelglas bezogen. So genannte "Kraner" oder "Gottscheberer" - also Händler, die von Haus zu Haus zogen - betrieben den Verkauf von jährlich bis zu 60.000 Bildern.
Zur Eigenart der Hinterglasmalerei gehört es, dass man vom Vordergrund zum Hintergrund malt, also genau umgekehrt zur Malerei auf Leinwand. Begonnen wird mit dem Malen der Konturen von der Risszeichnung auf die Glasplatte. Die dabei entstehenden Flächen und der Hintergrund werden dann mit Ölfarben ausgefüllt. Das bekannteste Merkmal eines "Sandlbildes" ist der kräftige zinnoberrote Leibstrich und die Verwendung von Orangerot und Gold. Als Ornamente werden häufig symmetrisch angeordnete Obereckblumen verwendet. Inhalt der volkstümlichen Hinterglasmalerei bilden Heilige, vorwiegend aus dem bäuerlichen Bereich, dazu Mariendarstellungen und lokal verwurzelte Patrone. Als Motive häufig vertreten sind auch Wallfahrtsorte mit dem entsprechenden Gnadenbild.
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Malerarbeitsplatz
Fotos: OÖ. Museumsverbund |
140 Exponate veranschaulichen im Museum die Entwicklung und Technik der Hinterglasmalerei. Stammbäume von Malerfamilien dokumentieren die Tradition. Ein ungewöhnlicher Blickfang im Museum ist auch die Inszenierung eines Malerarbeitsplatzes. Zwei lebensgroße Puppen "malen" und lassen sich von den Besuchern über die Schulter schauen.
Öffnungszeiten:
Vom 1. Mai bis 31. Oktober
Dienstag bis Samstag von 14 - 16 Uhr und
Sonntag von 10 -12 und 15 - 16 Uhr
Kontakt:
Hinterglasmuseum Sandl
Sandl 4, 4251 Sandl
Telefon: 07944/8110-7 Museum
oder 0664/4217 943 Fr. Veronika Meyer
Fax: 07944/8110-14
E-mail: sandl@utanet.at
www.hinterglasmuseum-sandl.at